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Hamm, Franz

Geburtsdatum: 18. März 1900
Geburtsort: Neuwerbaß (sb. Нови Врбас/Novi Vrbas, ung. Újvérbás)
Regionale Zugehörigkeit: Batschka
Sterbedatum: 5. August 1988
Sterbeort: Bad Bodendorf
Eltern: Johann Hamm, Schreinermeister; Therese Hamm, geb. Klein
Konfessionszugehörigkeit: ev.-luth.
Schule: Volksschule Neuwerbaß; Gymnasium Neuwerbaß
Ausbildung/Studium: Wien, Hochschule für Welthandel; Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Mannheim, Hochschule für Wirtschaftswissenschaften; 1923 Diplom der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften

Vita:[1]
Franz Hamm lernte während seines Studienaufenthalts in Wien Adam Müller-Guttenbrunn (1887–1923) kennen, der ihn nachhaltig prägte. Er war während seines Studiums Mitglied des Vereins Deutscher Studenten (VDSt).[2]
1919 organisierte er auf Anregung Müller-Guttenbrunns das erste deutsche Trachtenfest in Buljkes (sb. Бачки Маглић/Bački Maglić, ung. Bulkesz) in der Vojvodina, mit dem die kollektive Identität der dort lebenden Deutschen gestärkt werden sollte.

Genossenschaftsmitarbeiter und Journalist
Er betätigte sich im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen der Batschka und wurde Schriftleiter bei der Druckerei- und Verlags-AG und sowie ab dem 1. Februar 1924 Journalist beim Deutschen Volksblatt in Neusatz (sb. Нови Сад/Novi Sad, ung. Újvidék), später Redakteur der vom Schwäbisch-Deutschen Kulturbund herausgegebenen Zeitschrift Volkswart (ab 1938 Volk und Heimat).
Ab 1927 war Franz Hamm Präsidialmitglied des Jugoslawischen Presseverbandes in Belgrad (sb. Београд/Beograd) und verfügte als solcher über gute Beziehungen zu den Mitgliedern der serbischen Kultureinrichtung Matica Srpská. Im gleichen Jahr begann sein Engagement in der evangelischen Kirchengemeinde Neusatz, wo er als Presbyter fungierte.

Deutscher Politiker in Jugoslawien
Er war Gauobmann und 1928–1929 Hauptsekretär der Partei der Deutschen im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (PDSHS). Darüber hinaus war er Mitglied des Bundesvorstands des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes sowie Leiter von dessen Arbeitsgemeinschaft für Volkskunde. Als solcher sammelte er Objekte für die Errichtung eines geplanten Heimatmuseums, die jedoch im Zweiten Weltkrieg verloren gingen.
Franz Hamm regte die alljährlichen 5.-August-Feiern auf dem Wesirenberg (sb. Везирац/Vezirac) bei Peterwardein (sb. Петроварадин/Petrovaradin) an, die an den Sieg von Prinz Eugen von Savoyen und der von ihm geführten habsburgischen Armee über ein osmanisches Heer am 5. August 1716 erinnern sollten.
1934 wurde Hamm, bereits seit 1920 Inspektor, weltlicher Vorsitzender der Evangelischen Kirchengemeinde Neusatz und Landeskirchenpräsident der Deutschen Evangelischen Kirche in Jugoslawien. Außerdem war er Vorsitzender des Verbandes der deutschen Akademikerbegegnungen mit serbischen kulturellen Organisationen.
1936 wurde er in den Stadtrat von Neusatz gewählt, in dem er Mitglied des Schulausschusses war.
1937 heiratete er in erster Ehe Margaretha Machner aus Torschau (sb. Савино Село/Savino Selo, ung. Torzsa), die 1944 auf der Flucht in Ödenburg (ung. Sopron) bei der Geburt des Sohnes Herbert starb. 1938 war die Tochter Anneliese zur Welt gekommen.[3]
1938 ließ sich Franz Hamm als Angehöriger der Erneuerungsbewegung und auf Anregung des Politikers und Juristen Hans Moser (1889–ca. 1973) bei den Parlamentswahlen für das jugoslawische Parlament (Skupština) in Belgrad aufstellen und wurde für den Wahlkreis Kula gewählt. Als Parlamentarier setzte er sich insbesondere für die Interessen der deutschen Gewerbetreibenden und Kaufleute ein. In den Jahren 1938–1941 galt er innerhalb des Parlaments als „Sprecher“ der deutschen Minderheit. 1939 wurde er nach der Machtübernahme im Schwäbisch-Deutschen Kulturbund mit Jakob Awender (1904–1947), Josef Trischler (1903–1975) und Hans Moser auch Mitglied der „Volksgruppenführung“ unter Sepp Janko (1905–2001) und Verbindungsmann zur jugoslawischen Regierung.

Deutscher Politiker in Ungarn
Nach der Annexion von Teilen der Batschka durch Ungarn wurde Franz Hamm 1941 in den Volksbund der Deutschen in Ungarn (VDU) aufgenommen. Im Sommer 1941 wurde er zum Weltlichen Präsidenten der Deutsch-Evangelischen Kirche in Südungarn gewählt. Ab dem 6. Februar 1942 war er bis 1945 Mitglied des ungarischen Reichstags und auf Wunsch des Reichsführers-SS Heinrich Himmler (1900–1945) und des Reichsaußenministers Joachim von Ribbentrop (1893–1946) „Führer der nationalsozialistischen deutschen Abgeordneten im ungarischen Reichstag“. 1942 wurde er Hauptamtsleiter für Gewerbliche Wirtschaft des VDU. Am 19. November 1942 hielt er eine Rede vor dem Abgeordnetenhaus.[4]
Er war Vorsitzender des VDU-Amts der volksdeutschen Abgeordneten im Rahmen des Klubs der Abgeordneten der Partei Ungarischen Lebens. 1942 übersiedelte er in die ungarische Hauptstadt Budapest.
Ab dem 12. Mai 1944 fungierte Franz Hamm als Fraktionsführer des Blocks der Deutschen Nationalsozialistischen Reichstagsmitglieder in Ungarn. In einer Rede auf dem Hauptplatz in Wandorf (ung. Sopronbánfalva) am 4. Juni 1944 warb er für die III. Waffen-SS-Aktion.[5] Im Juni 1944 bildete sich unter der Führung Hamms ein von der Partei Ungarischen Lebens unabhängiger Block deutscher nationalsozialistischer Reichstagsabgeordneter, dem Jakob Brandt, Eduard Keintzel, Heinrich Mühl, Sepp Schönborn, Sepp Spreitzer und Josef Trischler angehörten.[6] Im Auftrag des „Volksgruppenführers“ der Deutschen in Ungarn Franz Anton Basch (1901–1946) nahm er im Oktober 1944 an den Beratungen der äußersten Rechten um Ferenc Szálasi (1897–1946) teil, die den Sturz von Ministerpräsident Géza Lakatos (1890–1967) herbeiführen sollten. Nach dem Putsch der Pfeilkreuzlerbewegung vom Oktober 1944 hielt sich Franz Hamm bis zum Frühjahr 1945 in Ödenburg (ung. Sopron) auf.

Flüchtlingsbetreuer in Österreich und Deutschland
Im Frühjahr 1945 gelangte Franz Hamm über Schlesien nach Österreich. Er nahm sich der Flüchtlingsbetreuung im Evangelischen Pfarramt Salzburg an, indem er gemeinsam mit Pastor Ernst Kruse eine Beratungs- und Betreuungsstelle einrichtete. Nach seiner Übersiedelung in die Amerikanische Besatzungszone Deutschlands wurde er Leiter des Hilfskomitees für die Deutsche Evangelische Landeskirche in Jugoslawien mit Sitz in Stuttgart.
Franz Hamm trat in die Christlich-Demokratische Union (CDU) ein und kandidierte im Wahlkreis Ludwigsburg und auf der württembergisch-badischen Landesliste 1949 erfolglos für ein Mandat im Deutschen Bundestag. Allerdings gehörte er am 12. September 1949 der ersten Bundesversammlung an, als deren Ergebnis Theodor Heuss (1884–1963, FDP) zum ersten Bundespräsidenten gewählt wurde.

Funktionsträger der Landsmannschaft
Schon am 3. September 1949 hatte er mit einem Kreis Gleichgesinnter die Landsmannschaft der Deutschen aus Jugoslawien ins Leben gerufen,[7] deren Bundesvorsitzender er bis 1958 blieb. In dieser Eigenschaft zählte er am 5. August 1950 zu den Unterzeichnern der Charta der deutschen Heimatvertriebenen in Stuttgart. Franz Hamm hatte auch am 9. April 1949 in Frankfurt am Main die Vereinigten Ostdeutschen Landsmannschaften (VOL) mitgegründet.

Referent im Bundesvertriebenenministerium
Von 1950 bis 1965 leitete er das Referat II/3 im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (BMVt) in Bonn.
Zwischen 1950 und 1953 amtierte er als Vizepräsident des Ostdeutschen Kulturrats (OKR). Auch in der Vertriebenenarbeit der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) engagierte er sich, unter anderem als Mitglied des Ostkirchenausschusses und von 1950 bis 1966 als Vorsitzender des Konvents der zerstreuten evangelischen Ostkirchen.[8] Er war Gründer, Schriftleiter und Verwalter des Kirchenblatts Der Bote.
In zweiter Ehe war er seit 1955 mit Marianne („Janna“) Sahrer von Sahr,[9] geb. von Carlowitz-Falkenhain (1902–1987), verheiratet.
Anlässlich des 110. Todestages von Nikolaus Lenau fand 1960 in Spaichingen in Württemberg eine Feierstunde statt, bei der auch ein Lenau-Denkmal enthüllt wurde. Franz Hamm hielt als Vorsitzender des SOKW eine Ansprache.[10]
Im August 1961 reiste Franz Hamm in die USA. Am 6. August hielt er auf einem donauschwäbischen Treffen in Brooklyn die Festrede, am 13. August im Schweizer Park in Los Angeles, am 19. August in Vancouver (Kanada) beim Alpenclub, am 25. August in St. Louis, Missouri, außerdem am 26./27. August in Mansfield, Ohio.[11]
1966 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Die letzten Lebensjahre verbrachte Franz Hamm im Alten- und Pflegeheim Maranatha in Bad Bodendorf.

Mitgliedschaft im SOKW:
Franz Hamm zählte ab September 1949 zum Initiatorenkreis des SOKW. 1949 bis 1974 war er dessen erster Vorsitzender. Am 25. Dezember 1974 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des SOKW ernannt.

Bibliografie:

Monografien

  • Venite adoremus. Ein Weihnachtsspiel. Kempen (Rhein): Thomas-Druckerei und Buchhandlung [1920] (Kempener Theater-Bibliothek 109).
  • Bei den Donauschwaben in den USA. Eine Besuchsfahrt. Salzburg: Donauschwäbischer Verlag 1952.
  • Das Gymnasium zu Neuwerbass. Eine deutsche Schule in der Batschka, gegründet 1809. München: Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks 1960 (Veröffentlichungen des Südostdeutschen Kulturwerks B 15).
  • Was wir nicht vergessen wollen. Hilfe, die lebensrettend war. Erweiterer Sonderdruck aus den Südostdeutschen Vierteljahresblättern 1/1964.
  • Ignaz Philipp Semmelweis. Der siegreiche Kämpfer um das Leben der Mütter. Ansprachen von Franz Hamm, Hans Diplich und Walter Koerting aus Anlaß der Gedenkstunde seines 100. Todestages in München, den 28. Oktober 1965. München: Verlag des Südostdeutschen Kulturwerkes 1965 (Veröffentlichungen des Südostdeutschen Kulturwerks D 7).

Herausgaben

Aufsätze

  • Adam Müller-Guttenbrunn und die schwäbischen Hochschüler seiner Zeit. In: Südostdeutsche Heimatblätter 1 (1952), S. 45–51, hier S. 46–48.
  • Die Deutsch-Evangelische Christliche Kirche in Jugoslawien. In: Südostdeutsche Heimatblätter 2 (1953) H. 2, S. 15–17.
  • Jakob Bleyer, der Landsmann. In: Südostdeutsche Heimatblätter 3 (1954), S. 55–57.
  • Franz Perz †. In: Südostdeutsche Heimatblätter 3 (1954), S. 69f.
  • Stephan Kraft zum Gedächtnis. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 8 (1959), S. 131–134.
  • Das deutsche Gymnasium zu Neuwerbaß. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 9 (1960), S. 66f.
  • Enthüllungsansprache für das Lenau-Denkmal in Spaichingen. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 10 (1961), S. 1–3.
  • Friedrich Lotz 70 Jahre. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 10 (1961), S. 50f.
  • Ludwig Kremling zum Gedächtnis. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 10 (1961), S. 125–128.
  • Streiflichter von einer Fahrt zu den Südostdeutschen in Amerika. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 11 (1962), S. 22–24.
  • Michael Lindenschmidt 80 Jahre alt. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 11 (1962), S. 171.
  • Staatssekretär Peter Paul Nahm und die Südostdeutschen. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 11 (1962), S. 106f.
  • Die Südostdeutschen in Nordamerika. Bei den Donauschwaben. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 12 (1963), S. 9–12.
  • Josef Trischler 60 Jahre. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 12 (1963), S. 105f.
  • Michael Lindenschmidt †. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 12 (1963), S. 234.
  • Wie wir die Charta der Vertriebenen unterzeichneten. Zur Erinnerung an den 5. August 1950. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 19 (1970), S. 157f.
  • Die Bauernsiedlung Entre-Rios. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 21 (1972), S. 220–225.
  • Das Boot nicht zum Kippen gebracht. 35 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen. In: Der gemeinsame Weg 38 (1985), S. 1–7.

Essayistische und publizistische Beiträge

  • Zwanzig Jahre Dienst am Neuaufbau. Leitsorge und Seelsorge als bewahrende und tragende Kräfte. Das Wirken des Hilfskomitees für die Evangelische Landeskirche aus Jugoslawien seit Kriegsende. In: Der Donauschwabe, 13.3., 20.3., 27.3. und Osten 1955.

Arbeiten für den Rundfunk

Links:


[1] Y.: Franz Hamm 60 Jahre alt. In: Mitteilungen für die Deutschen aus dem Donauraum, 6. Jg. Nr. 6, 15.3.1960, S. 1f.; Hans Diplich: Franz Hamm wird 80 Jahre alt. Zum 18. März 1980. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter 29 (1980), S. 23f.; Roland Vetter: Abschied von Franz Hamm. In: ders. (Hg.): Keine bleibende Stadt. Beiträge zur Geschichte deutscher Protestanten aus Jugoslawien. Wiesbaden 1990, S. 226–230; Mads Ole Balling: Von Reval bis Bukarest. Statistisch-Biographisches Handbuch der Parlamentarier der deutschen Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1945. Band II. Kopenhagen/København 1991, S. 522, S. 556; Hamm, Franz. In: <https://kulturportal-west-ost.eu/biographien/hamm-franz-2> (09.08.2018); Franz Hamm. In: <https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Hamm> (23.08.2018).

[2] Hamm, Franz. In: Marc Zirlewagen: Biographisches Lexikon der Vereine Deutscher Studenten. Band 1: Mitglieder A–L. Norderstedt: Books on Demand 2014, S. 297f.

[3] Vetter: Abschied von Franz Hamm, S. 227f.

[4] Die deutsche Volksgruppe in Ungarn. In: Neues Wiener Tagblatt, 76. Jg., Nr. 321, 20.11.1942, S. 2.

[5] Nachrichten aus Sopronbánfalva-Wandorf. In: Oedenburger Zeitung, 77. Jg., Nr. 125, 05.06.1944, S. 2.

[6] Reichstagsabgeordneter Dr. Hamm. In: Oedenburger Zeitung, 77. Jg., Nr. 126, 06.06.1944, S. 3.

[7] Max Hildebert Boehm: Gruppenbildung und Organisationswesen. In: Eugen Lemberg, Friedrich Edding (Hg.): Die Vertriebenen in Westdeutschland. Ihre Eingliederung und ihr Einfluss auf Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Geistesleben. Band 1. Kiel: Ferdinand Hirt 1959, S. 521–605, hier S. 573f.

[8] Mathias Beer: Die Hilfsstellen der Donauschwaben. In: Kirche im Osten 39 (1996), S. 49–69, hier: S. 49f.

[9] In erster Ehe verheiratet mit Siegfried Sahrer von Sahr (1891–1953).

[10] Nikolaus-Lenau-Denkmal in Spaichingen. In: Kulturpolitische Korrespondenz, 7. Jg., Nr. 116–118, 15.12.1960, S. 14.

[11] Franz Hamm in Amerika. In: Mitteilungen der Deutschen aus dem Donauraum, 7. Jg., Nr. 18, 15.9.1961, S. 5.